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"Prozesskostenhilfe" - das heißt nicht unbedingt "auf Dauer kostenfrei"

Rückforderung durch den Staat


Wenn jemand einen Prozess führen möchte - oder selbst verklagt wird -, für Gerichts- und Anwaltskosten aber kein Geld hat, kann er Prozesskostenhilfe beantragen. Früher nannte man das „Armenrecht“. Voraussetzung ist neben der Bedürftigkeit, dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Aussicht auf Erfolg hat.

Aber nicht immer, wenn man Prozesskostenhilfe bekommen hat, heißt dies, dass man sich um die Kosten keine Gedanken mehr machen muss. In bestimmten Fällen kann sich der Staat das verauslagte Geld nämlich zurückholen. So auch in einem Fall, den der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg zu entscheiden hat.

Eine Frau aus Oldenburg hatte für einen Rechtsstreit Prozesskostenhilfe erhalten. Dabei wurde sie darauf hingewiesen, dass sie jede Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse unaufgefordert mitteilen müsse. Eine solche Mitteilung ging nicht bei Gericht ein, obwohl die Frau kurz nach Abschluss des Verfahrens ihr Haus verkauft hatte. Daraufhin bekam sie Post vom Amtsgericht: Die Bewilligung wurde aufgehoben und die Frau zur Kasse gebeten. Dagegen reichte sie Beschwerde beim Oberlandesgericht ein. Die Beschwerde blieb ohne Erfolg: Der Senat entschied, dass die Frau die Prozesskosten nun doch bezahlen muss. Sie habe ja das Haus verkauft und mit dem Erlös Schulden bei Dritten bezahlt, ohne die Staatskasse darüber zu unterrichten. Bei dieser Sachlage könne die Frau nicht auf die Prozesskostenhilfe vertrauen, so der Senat. Die Frau hätte spätestens nach dem Eingang des Kauferlöses auf ihrem Konto dem Gericht Mitteilung machen müssen.

Darüber hinaus sei die Frau nach dem Verkauf des Hauses auch in der Lage, die Prozesskosten zu begleichen, so der Senat. Das „Armenrecht“ sei auf sie daher nicht mehr anwendbar.

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 11. Oktober 2019, Az. 4 WF 86/19.



Nr. 21/2020

Bettina von Teichman und Logischen

Oberlandesgericht Oldenburg

Pressestelle

Richard-Wagner-Platz 1

26135 Oldenburg

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.06.2020

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