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OLG Oldenburg zur Betriebsgefahr bei Kollision zwischen Motorradhelm und Fasan

Verwirklicht sich die spezifische Gefahr eines Kraftfahrzeuges, wenn ein fliegender Fasan den Soziusfahrer auf einem Motorrad zu Fall bringt? Diese Frage hatte der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg in zweiter Instanz zu entscheiden.

Passiert war Folgendes: Der spätere Kläger war Ende April 2023 gegen 19 Uhr als Sozius auf dem Motorrad des Versicherungsnehmers der beklagten Haftpflichtversicherung im Emsland unterwegs. Nach einer langgezogenen Linkskurve beschleunigte der das Motorrad steuernde Versicherungsnehmer auf geschätzte 130-140 km/h. In diesem Moment erhob sich ein Fasan aus dem rechten Seitenstreifen und überquerte fliegend die Landstraße. Dabei prallte er gegen den Helm des Klägers, wodurch dieser den Halt verlor und von dem Motorrad auf die Straße stürzte. Der Kläger, der keine Schutzkleidung trug, erlitt durch den Sturz und das Schleudern über den asphaltierten Straßenbelag schwerste Schürfwunden am ganzen Körper sowie – trotz des getragenen Motorradhelms – Schnittverletzungen und Frakturen an Kopf und Hals. Erst nach mehreren Operationen konnte der Kläger etwa fünf Monate später seine Erwerbstätigkeit wiederaufnehmen.

Vor dem Landgericht Osnabrück nahm der Kläger in der Folge die Haftpflichtversicherung des Fahrers auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 25.000 Euro in Anspruch. Das Landgericht lehnte eine Haftung der Beklagten allerdings vollständig ab: Die Verletzung des Klägers habe sich nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG ereignet, denn es habe sich keine vom Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht. Vielmehr habe ein von außen auf den Kläger wirkendes Ereignis – nämlich der fliegende Fasan - zu dem Schaden geführt. Das Motorrad selbst sei in den Unfall nicht involviert gewesen. Es habe sich daher letztlich die allgemeine Gefahr verwirklicht, von einem herumfliegenden Gegenstand getroffen zu werden. Jedenfalls sei das Vorliegen von höherer Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVO zu bejahen, sodass eine Haftung im Ergebnis ausscheide.

Anders hat nun das Oberlandesgericht Oldenburg auf die Berufung des Klägers entschieden. Der vom Kläger erlittenen Schaden sei im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entstanden. Der Kläger habe sich gerade wegen des in Betrieb befindlichen Motorrades vorwärtsbewegt, nur deswegen habe es zu dem Zusammenstoß kommen können. Aufgrund der Annäherungsgeschwindigkeit des Motorrades von mutmaßlich mehr als 100 km/h hätten bei dem Zusammenstoß ganz erhebliche Kräfte gewirkt, die für den Unfall und die Verletzungen des Klägers ursächlich geworden seien. Dies zeige sich anschaulich daran, dass der Fasan durch den Aufprall in drei Teile zerrissen wurde. Es komme daher auch nicht darauf an, dass das Motorrad selbst von dem Aufprall nicht betroffen wurde. Auch höhere Gewalt liege - wie bei einem „normalen“ Wildunfall - nicht vor.

Das Oberlandesgericht sprach dem Kläger demnach Schmerzensgeld zu, dessen Höhe es unter Verweis auf sogenannte Schmerzensgeldtabellen mit 17.000 Euro bemaß. Ein Mitverschulden aufgrund der fehlenden Schutzkleidung sei im Übrigen – jedenfalls beim Beifahrer – nicht anzunehmen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist rechtskräftig.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 24. September 2025 - 5 U 30/25

Pressemitteilung 22/2025

Ansprechpartner/in:
Frau Dr. Carolin Bartsch

Oberlandesgericht Oldenburg
Pressesprecherin
Richard-Wagner-Platz 1
26135 Oldenburg
Tel: 0441/220-1250

Artikel-Informationen

erstellt am:
06.11.2025

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