Pressemitteilung 18/2025
Ansprechpartner/in:
Frau Dr. Carolin Bartsch
Oberlandesgericht Oldenburg
Pressesprecherin
Richard-Wagner-Platz 1
26135 Oldenburg
Tel: 0441/220-1250
OLG Oldenburg verurteilt Eheleute, Rechenschaft abzulegen
Hat ein Ehepaar sich um einen älteren Herrn tatsächlich kümmern wollen oder hatten beide es auf das Vermögen des Mannes abgesehen? Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Oldenburg in einem bereits im Dezember 2024 verkündeten Urteil zu befassen.
Der ältere Herr war Ende 2019 bei dem Ehepaar aus dem Landkreis Oldenburg eingezogen. Wie spätere Ermittlungen ergaben, ging er davon aus, dass die Eheleute ihn gegen die Zahlung von 1.000 Euro monatlich pflegen würden. Außerdem meinte er, über kein erhebliches Geldvermögen zu verfügen. Tatsächlich lagen auf seinem Konto zum Zeitpunkt seines Einzugs bei den Eheleuten mehr als 500.000 Euro.
Einige Zeit später eröffneten der ältere Herr und der Ehemann ein Gemeinschaftskonto, auf das das Geld des älteren Herrn zum Großteil umgebucht wurde und auf das fortan auch seine Rente floss. Zudem erteilte der Herr den Eheleuten eine umfassende General- und Vorsorgevollmacht und setzte beide im April 2021 durch notariell beurkundetes Testament zu seinen Alleinerben ein.
Der Sohn des Mannes hatte bereits im Mai 2019 die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung für seinen Vater angeregt, da er befürchtete, dass dieser keinen Überblick mehr über seine finanziellen Verhältnisse hatte. Das Amtsgericht Oldenburg richtete schließlich tatsächlich – gegen den Willen des älteren Herren – eine sogenannte Kontrollbetreuung ein. Der Kontrollbetreuer, ein Rechtsanwalt, verlangte sodann von dem Ehepaar Auskunft und Rechenschaft über die vorgenommenen Transaktionen. Der dahingehenden Klage gab das Landgericht Oldenburg mit Teilurteil von Februar 2022 statt. Hiergegen legten die Eheleute Berufung zum Oberlandesgericht ein.
Im Mai 2021 erlitt der ältere Herr einen Schlaganfall. Ein halbes Jahr später wurde er mit Dekubituswunden und lebensbedrohlicher Mangelernährung in ein Krankenhaus eingewiesen. Der Betreuer veranlasste danach, dass der Mann in ein Pflegeheim kam, wo er im April 2022 verstarb. Auf dem Gemeinschaftskonto befanden sich zuletzt nur noch rund 10.000 Euro.
Nach dem Tod des Mannes stellten die Eheleute sich auf den Standpunkt, dass sich der Prozess erledigt hätte, da sie durch die Erbeinsetzung ohnehin alles geerbt hätten und niemandem zur Rechenschaft verpflichtet seien. Die Kinder des Erblassers fochten das Testament ihres Vaters aus April 2021 indes erfolgreich an: Das Nachlassgericht kam zu der Überzeugung, dass der ältere Herr bei der Errichtung seines Testaments einem sogenannten Motivirrtum im Hinblick auf sein Vermögen und die finanziellen Interessen der Eheleute erlegen war. Das Testament war damit nichtig und die Kinder des Mannes erhielten als dessen gesetzliche Erben den Erbschein.
Im Auskunftsverfahren vor dem Oberlandesgericht stellten sich die Eheleute dennoch weiterhin auf den Standpunkt, sie seien die Erben und daher nicht zur Rechenschaft verpflichtet. Dies ließ das Oberlandesgericht nicht gelten: Gemäß § 2365 BGB bestehe die Rechtsvermutung, dass denjenigen, die in dem Erbschein als Erben bezeichnet sind, das dort angegebene Erbrecht zusteht. Es sei daher Sache der Eheleute, diese Vermutung durch den Beweis des Gegenteils – hier also das Nichtvorliegen eines Motivirrtums – zu entkräften. Dies sei ihnen nicht gelungen.
Die Eheleute müssen nun also offenlegen, was mit dem verschwundenen Geld passiert ist. Sollten sie nicht beweisen können, dass das Geld für den älteren Herrn verwendet wurde, könnten sie die Beträge letztlich zurückzahlen müssen. Ein strafrechtliches Verfahren ist ebenfalls anhängig.
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 3. Dezember 2024 – 12 U 38/22
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erstellt am:
05.09.2025