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„Nur 6 ½ Jahre“ für schwere Vergewaltigung?

Oberlandesgericht Oldenburg entscheidet über Fortdauer des Maßregelvollzuges


Die Ahndung von schweren Straftaten durch die Gerichte wird manchmal kritisiert. „Für immer wegsperren“ müsse man manche Täter, wird gefordert. Viele zeitige Freiheitsstrafen seien „viel zu lasch“.

Die Wirklichkeit ist weniger schematisch: Die Gerichte prüfen für jeden Einzelfall die schuld- und tatangemessene Strafe. Zum Schutz der Allgemeinheit besteht zudem unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Sicherungsverwahrung, die unabhängig von der persönlichen Schuld des Täters neben einer Freiheitsstrafe verhängt werden kann. So kann sich an eine zeitige Freiheitsstrafe eine sehr lange Zeit im Maßregelvollzug anschließen.

So auch in einem vom 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg entschiedenen Fall: Der Täter, der bereits zuvor wegen eines Gewaltdelikts auffällig geworden war, war 2005 vom Landgericht Osnabrück wegen schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 ½ Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Nach Verbüßung der Strafe wechselte der Täter daher 2011 in die Sicherungsverwahrung in einer gesonderten Abteilung der Justizvollzugsanstalt in Meppen. Seitdem ist er dort untergebracht.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück überprüft regelmäßig die Frage der Fortdauer der Sicherungsverwahrung. Dazu wird unter Hinzuziehung psychiatrischer Gutachter eine Prognose über die weitere Entwicklung des Täters gestellt. Nach der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer von Ende 2022 kam eine Entlassung des Verurteilten in die Freiheit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Betracht. Hiergegen legte der Verurteilte Beschwerde ein, über die jetzt der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts entschieden hat.

Der Senat hat die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer bestätigt: Im konkreten Falle hatte die Begutachtung ein hohes Risiko für die erneute Begehung schwerer Straftaten ergeben. Die Persönlichkeitsstruktur des Verurteilten hätte sich nicht grundlegend verändert. Er zeige tief verwurzelte dissoziale Ansichten und Verhaltensweisen. In Situationen von Frustration, Wut, Kränkung und gegebenenfalls sexuellen Bedürfnissen bestehe daher eine hohe Wahrscheinlichkeit neuer, schwerer Straftaten. Eine Entlassung aus dem Maßregelvollzug könne daher zurzeit nicht verantwortet werden.

Eine erneute Überprüfung findet alle neun Monate von Amts wegen statt.


Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 15.02.2023, Az. 1 Ws 49/23


Nr. 18/2023

Bettina von Teichman und Logischen
Oberlandesgericht Oldenburg
Pressestelle
Richard-Wagner-Platz 1
26135 Oldenburg

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.04.2023

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