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Neue Unterhaltsrechtliche Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg für das Jahr 2023


Die neuen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg für 2023 sind jetzt auf der Homepage des Gerichts veröffentlicht. Sie sollen der Orientierung dienen und zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht im Bezirk des Oberlandesgerichts beitragen. Sie haben aber keine bindende Wirkung und können die Prüfung des Einzelfalles nicht ersetzen.

Wesentliche Änderungen haben sich aufgrund des erheblichen Anstiegs der Lebenshaltungskosten ergeben:

Einerseits haben sich die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder erheblich um rund 40 bis 50 Euro pro Kind erhöht. Diese sind aus der neuen Düsseldorfer Tabelle abzulesen, die im Anhang der Leitlinien abgedruckt ist. Von diesem Bedarf geht für den barunterhaltspflichtigen Elternteil das halbe Kindergeld in Höhe von 125 Euro ab, denn das angehobene Kindergeld beträgt ab Januar 2023 für jedes Kind 250 Euro. Gibt es einen Unterhaltstitel – z.B. eine Jugendamtsurkunde-, der auf die Zahlung eines Prozentsatzes des jeweils geltenden Mindestunterhalts abzüglich der Hälfte des Kindergeldes gerichtet ist, erhöht sich der geschuldete Unterhalt automatisch.

Der tatsächlich zu zahlende Unterhalt lässt sich jeweils aus der Tabelle „Zahlbeträge“ ablesen: Für ein 8-jähriges Kind müsste beispielsweise nun ein Mindestunterhalt von (Bedarf = 502 Euro – halbes Kindesgeld = 125 Euro =) 377 Euro statt von 345,50 Euro gezahlt werden. Schuldet ein Elternteil zum Beispiel Unterhalt von 128 % des Mindestunterhalts, weil er ein einzusetzendes Einkommen von über 3.500 Euro hat (6. Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle), beträgt dieser Zahlbetrag nun 518 Euro statt wie bisher 473,50 Euro. Der Mindestbedarf eines über 18 Jahre alten Kindes, das noch in Haushalt eines Elternteils lebt, beträgt jetzt 628 Euro.

Gleichzeitig haben sich aber auch die Beträge erhöht, die den Unterhaltsschuldnern typischerweise zum Leben verbleiben müssen. Denn auch die Unterhaltsschuldner sind von den höheren Lebenshaltungskosten betroffen. Die Leitlinien habe diese sogenannten Selbstbehalte in Übereinstimmung mit den übrigen deutschen Oberlandesgerichten erheblich angehoben. Sie betragen für Eltern, die ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig sind, nun 1.650 Euro statt wie bis 1.400 Euro (sog. „angemessener“ Selbstbehalt).

Kann ein Elternteil unter Wahrung dieses Selbstbehalts keinen oder nicht den vollen Mindestunterhalt zahlen, weil er dafür zu wenig verdient, gilt der geringere sogenannte „notwendige“ Selbstbehalt, der in den letzten drei Jahren 1.160 Euro betrug und nun auf 1.370 Euro angehoben worden ist. Eine Erhöhung des Selbstbehalts – z.B. wegen hoher unvermeidbarer Wohnkosten - wird meist nur in besonderen Einzelfällen in Betracht kommen. Dieser Selbstbehalt muss dem Elternteil auf jeden Fall belassen werden. Nur der darüber hinaus gehende Betrag kann für Unterhalt eingesetzt werden. Wer trotz größter Anstrengungen weder mehr verdienen noch einsparen kann, kann und muss deshalb nur diesen verbleibenden Betrag zahlen, selbst wenn er nicht für den Mindestunterhalt reicht.

Weitere Änderungen betreffen die Anhebungen der Selbstbehalte im Ehegattenunterhaltsrecht. Die Pauschalen für berufsbedingte Fahrkosten sind schon zum 2022 von 30 Cent auf 42 Cent pro gefahrenen Kilometer angehoben worden.

Die neuen Leitlinien sind über den nachfolgenden Link abrufbar: Neue unterhaltsrechtliche Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg | Oberlandesgericht Oldenburg (niedersachsen.de).


Nr. 01/2023
Bettina von Teichman und Logischen
Oberlandesgericht Oldenburg
Pressestelle
Richard-Wagner-Platz 1
26135 Oldenburg

Artikel-Informationen

erstellt am:
09.01.2023

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